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Kapitel 10: "Die letzte Phase"

(von Bommi Baumann)

Die Texte stammen von der Seite:

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Unsere Gruppe spaltet sich - Die Magie des Geldes - Riesen-Razzia im Rauch-Haus - Lustfeindlichkeit statt Ekstase - Die Logik des Verrats

Schon bald nach Georgs Tod hat sich unsere Gruppe gespalten. Die einen haben weitergemacht und Banken überfallen und wir sind dann total zurück an die Basis gegangen und haben diesen Guerillatrip als solchen abgebrochen.

Die ewigen Banken, das hatte sich schon so verselbständigt, die ganze Kiste. Das hatte auch keinen Bezug mehr zur Basis. Statt der frühen abstrakten Bombenschmeißerei auf US-Firmen, Funkwagen, Leasing-Firmen – alles was es gibt, wurde bombardiert und angesteckt – wurden dann eben ununterbrochen Banken überfallen. Das war dann die Praxis. Die Spalterei bei uns fing über das Geld an. Du hast natürlich plötzlich einen irrsinnigen Berg Geld, den du gar nicht mehr abtragen kannst. Die Magie des Geldes spielt eine Rolle, die sowieso in dieser Gesellschaft sehr praktisch wirkt, wie man sieht. Die spielt natürlich in so einer Gruppe dieselbe Rolle. Wenn irrsinnig viel Geld da ist, sagt jeder: Holen wir uns doch dies oder das. Es werden unnütze Dinge angeschafft, auch Konsumartikel. Da sagst du, wenn wir schon den ganzen Tag hier sitzen, dann holen wir uns mal einen Plattenspieler und zwanzig LP’s und spielen die ab. Da steht dann bald ein Fernseher in jeder Ecke. Auf einer ganz anderen Ebene machst du den Neckermann-Trip dann genauso mit. Oder du sagst: Polizeifunk müssen wir sowieso hören, also gleich Toshiba-Radios, ganz groß, und kaufst dann drei Stück. Dann steht in jeder Wohnung eins. Du holst einen gigantischen Berg von Radios, du kannst bald damit einen Laden aufmachen – lauter so einen Quatsch. Oder wir hatten einfach einen irrsinnigen Wagenpark angeschafft. Die Leute im Haus haben sich langsam gewundert, daß wir jeden Tag mit ’nem neuen Auto vor der Tür standen. Gottseidank hat uns in dem Haus niemand verraten. Wir haben da über ein Jahr gewohnt, aber sie waren immer ruhig. Sie fanden uns gut. Sie wußten alle, wer wir sind und woanders wäre es wohl aufgefallen. Die RAF hat dadurch viele Schläge eingesteckt, daß es eines Tages irgendjemandem mal aufgefallen ist, was da läuft.

Wenn du dich immer weiter illegalisierst, also immer weiter isolierst, die Sache immer geheimer wird, die du da machst, kommst du plötzlich genau in den Konsum rein. Du kannst natürlich nicht mehr rumlaufen wie früher, es werden Samtanzüge angeschafft, und zum Schluß siehst du schon aus wie dem Playboy entsprungen. Der Trip läuft dann auch noch ab.

Unsere Fraktion hat schließlich gesagt: Wir geben das Geld lieber den Leuten an der Basis. Du kannst nicht von einem kleinen Lehrling verlangen, daß er eine Bank überfällt. Es können nicht alle Bankräuber werden in Berlin. Auf einer Demo mal einen Molli gegen einen Wasserwerfer zu schmeißen – o. k. – aber daß jeder 17jährige Lehrling nun in eine Bank reinrennt, das ist Wahnsinn.Also haben wir angefangen, das Geld zu verteilen. Wir haben Druckereigeräte gekauft für Genossen, und wir haben linken Organisationen Geld zukommen lassen. Dadurch gab es ewige Ärgereien mit der anderen Fraktion und an irgendeinem Punkt haben wir dann gesagt, o. k., ihr da lang, wir hier lang und sind total zurückgegangen an die Basis. Anschließend haben wir es noch einmal geschafft, daß unser Trupp in Kreuzberg an diesen Basisgeschichten teilnehmen konnte. Es war nachher so, daß wir manchmal im Rauch-Haus geschlafen haben, weil die Leute nicht wußten, wer wir waren. Irgendwann haben die Bullen allerdings dort eine Riesen-Razzia gemacht.

Die Bullen dachten, wir schlafen alle, aber wir waren ausgerechnet in dieser Razzia der Polizei im Rauch-HausNacht im Kino am anderen Ende der Stadt und haben woanders gepennt. Sie sind mit achthundert Mann angerückt, haben das ganze Haus umstellt und ganz Kreuzberg abgeriegelt. Wir waren am anderen Ende der Stadt und haben es am nächsten Tag erst in der Zeitung gelesen. Also sind wir der Verhaftung wieder mit so einem Dusel entkommen. Im Rauch-Haus war natürlich ein Spitzel drin, der uns erkannt und den Bullen einen Tip gegeben hatte. Das kannst du bei so einer großen Gruppe nicht mehr genau abchecken.

Es war natürlich Irrsinn von uns, aber wir haben es einfach nochmal versucht, so dicht wie möglich an die Basis heranzukommen. Daß du schon so irrationale Sachen machst, zeigt deine Verworrenheit.

Daß ich mich in so einer Szene noch mal relativ frei bewegen konnte, hat mich dann nochmal ein halbes, dreiviertel Jahr bei der Stange gehalten. Da sind dann noch ein paar Aktionen gelaufen. Danach ist das aber ziemlich zerbröckelt.

Der endgültige Bruch kam nach dieser Großrazzia im Rauch-Haus. Es folgte die absolute Fraktionierung. Dann haben wir aufgehört. Seitdem haben wir nicht mehr viel gemacht, höchstens mal Paßgeschichten oder mal einer Ausländergruppe geholfen, aber mehr nicht.

Als die Bullen dann noch Tommy Weißbecker erschossen hatten, mit dem Georg und ich zusammen den Prozeß hatten und ich dann praktisch der letzte Überlebende aus diesem Prozeß war, da habe ich natürlich noch einen Anschlag gemacht. Das ist klar. Doch diese allgemeine Lustfeindlichkeit hat dann die Sache langsam zerbrechen lassen. Es sind immer mehr Typen ausgedropt daran. Bei der Bewegung 2.Juni wurde den Vorwürfen der RAF dann mehr und mehr Rechnung getragen. Gudrun Ensslin sagte immer »Ihr rennt durch ’zig Wohnungen, fickt lauter Bräute und raucht Haschisch. Das macht euch wohl Spaß? Dieser Job darf keinen Spaß machen. Das ist ein harter Job.«

Da steht rigides Studententum für mich dahinter, das ist die totale Lustfeindlichkeit. Es fehlt jede Ekstase, ohne die eine Revolution gar nicht laufen kann. In der Pariser Commune sind die Leute singend auf die Barrikaden geklettert und nicht mit einem verbissenen Gesicht und der Stempelkarte im Rücken. Sie haben nicht gesagt »wir müssen hier Revolution machen«, sondern haben gesagt, »das ist unsere Stunde, entweder ja oder nein«. Es war das Ekstatische dabei, daß es dir egal ist auf der einen Seite, aber daß du trotzdem irgendwo noch lebst.

Es wurde nicht gesehen, daß gerade dieser Miniwahnsinn, die Gags zwischendurch, in diese Situation die Komik reingebracht hat und dadurch die Sache streckenweise noch lebenswert gemacht hat und das Lebensgefühl des Blues erhalten hat. Die sogenannten Pannen, gerade die sind’s. So lernst du am besten aus den Fehlern.

Wir haben zum Beispiel mal ein Auto geklaut und haben darin einen Gegenstand gefunden, der entpuppte sich als Lachsack – aber erst in dem Augenblick, als wir draufgedrückt haben. Es war in so einer total stillen Neubausiedlung. Da fing dieses Biest widerlich an zu lachen, eine absolute Kreischerei ging da los. Wo wir uns doch bemüht hatten, ordentlich leise zu sein. Schließlich haben wir draufgetreten, und er hat im Straßengraben so »hohoho«, ganz böse vor sich hingelacht. Wir mußten das Feld räumen, es gingen sofort die Lichter an.

Oder diese Frustgeschichten: Du hast ’ne Braut getroffen, sie fürchterlich angemacht und hast irgendwo im Hausflur mit der rumgeknutscht. Dann konntest du nie mit der wo hingehen und bumsen. Entweder war Winter, oder du konntest nicht in deine illegalen Wohnungen gehen. Aber die Sachen haben alle Spaß gemacht. Da hast du deine Jugendsexualität noch mal erlebt, hatte auch Vorteile. So eine Sache hat immer Vor- und Nachteile.

Oder du hast dich geärgert, wenn deine Tarnung an sich schon sehr genial war, aber auf der anderen Seite so beschissen, daß dich keine Braut mehr angekiekt hat. Da hast du gedacht, ich habe eine perfekte Tarnung, aber damit siehst du aus wie ein Vogel. Da hast du dich wieder so geärgert, daß du gesagt hast, Mann, bloß anders tarnen. Dann bist du sofort losgerannt, um eine andere Maske zu entwerfen.

Diese Breakes sind natürlich ewig gelaufen. Die haben die Sache am Leben gehalten. Gerade diese komischen kleinen Flips, die machen es dir möglich, daß du am Schluß nichts bereust.

Wir haben eine Zeitlang in einem Haus gewohnt, wo alle wußten, wer wir sind, weil ja unsere Photos in der Zeitung waren. Jeder wußte, was wir machen. Aber es ist keiner zur Polizei gerannt. Es waren hauptsächlich Türken, wenig Deutsche.

Es hat auch Leute gegeben, zum Beispiel einen Taxifahrer, der hat zu einem Typen nach einem Bankraub gesagt: »Du kommst gerade von einer Bank, sei doch mal ehrlich! Ich fahr dich trotzdem weg. Ich finde es schwer in Ordnung, was ihr macht.« Klar solche Leute triffst du.

Bei uns in der Wohnung strich mal ein Maler die Fenster, zwei Tage lang. Am ersten Tag haben wir immer so mit ihm geredet. Es war die Zeit der großen Baader-Meinhof-Fahndung nach den Sombenanschlägen. Am nächsten Morgen klopft er wieder an der Tor und schaltet das Radio an. Da wird gerade live die Verhaftung von Andreas Baader, Holger Meins und Jan-Karl Raspe in Frankfurt in der Garage übertragen. Der Typ malt seine Fenster zu Ende, und ich sage: »Ich komme mal runter.« Als wir auf der Straße stehen, sagt er: »Hör mal zu. Ich wünsche dir jetzt viel Glück und daß sie dich nicht auch schnappen. Denk nicht, daß ich nicht weiß, was ihr da oben macht.«

Solche Leute hat es echt gegeben, die hast du getroffen. Wenn jemand zwei Tage in deiner Wohnung ist, in so einer eigenartigen Wohnung, hat er es einfach mitgekriegt. Wenn er das Radio frühmorgens auf den Tisch stellt und du hörst, wie sie schießen, du hörst einen schreien, wenn er angeschossen ist, sieht er doch deinem Gesicht an, wie du darauf reagierst. Kein anderer Mensch reagiert so wie du. Du reagierst anders, weil du ja emotional ganz anders dazu stehst. Das hat der Typ einfach abgecheckt und hat gesagt o. k.

Du hast auch manchmal Gespräche gehört, bei denen Leute auf der Straße sagten: »Klar, ist in Ordnung, was die machen.«

Eine andere Sache, die mir auch klar geworden ist: Warum Verräter, wie Hella oder Annekatrin, bis hin zu Brockmann, der jahrelang mit uns zusammen war und dann trotzdem ausdropt, immer wieder vorkommen. Wir haben es nie geschafft, die Sensibilität innerhalb der Gruppe zu halten, weil der Druck von außen dann doch so groß war, daß er uns einholte. Darin liegt das ganze Scheitern der Guerilla in den Metropolen: Daß man die neue Qualität nicht bewahren kann, und im Kampf gegen den Apparat genauso wird, wie der Apparat selbst. Du holst dich an irgendeiner Stelle selbst wieder ein.

Aufgrund der Illegalität kannst du nicht mehr den Kontakt zu den Leuten der Basis halten. Du nimmst nicht mehr an einer direkten Weiterentwicklung der ganzen Scene teil. Bei diesem Prozeß, der abläuft, bist du nie mehr voll integriert. Du bist plötzlich eine Randfigur, weil du nicht mehr überall auftreten kannst, nicht mehr in dem Maße direkt drin bist. Als Ersatz dafür wird die Gruppe immer geschlossener, je größer der Druck von außen wird. Und je mehr du zusammenhockst, je mehr Fehlschläge passieren, desto mehr geht der Druck nach innen. Irgendwo muß man ja einen Ausgleich kriegen.

Daran sind die Leute kaputt gegangen, an den psychischen Schwierigkeiten innerhalb der Gruppe am Schluß. Probleme, die in jeder Gruppe auftauchen, die du aber, wenn du ein größeres Spektrum nach außen hast, leichter abbauen kannst. Oder Lernprozesse, wo auch mal Fremde dabei sind, mit denen du dann diskutieren kannst, wie es läuft. So ist es jedenfalls bei allen Kommunen gewesen.

Das kannst du im Bewaffneten Kampf nicht mehr. Du kannst ja nicht mal ’ne Braut, die du kennenlernst, in deinen Turm mitbringen. Der ist ja illegal, den darf ja niemand kennen. Das ist auch ein Problem gewesen, daß die meisten keine Braut hatten. Ich hatte das große Glück, daß ich meistens eine Braut hatte. Aber das hatten die meisten in unserer Gruppe nicht mehr. Die sind dann das letzte Jahr rumgerannt, ohne eine Frau zu sehen. Das ist ein irrsinniger Streß, den muß man sich mal vorstellen. Gerade die, die angefangen hatten, sexuelle Revolution und hin und her zu predigen, für die findet das alles nicht mehr statt. Das wird alles abgeschrieben dafür, daß du in eine Bank rennst, oder irgendwo eine Bombe reinschmeißt und eben mit ’ner Knarre in der Tasche rumrennst. Du bildest nur noch solche Raubtierinstinkte aus. Du läufst schließlich wie ein Revolvermann. Jedes geschärfte Auge könnte dich im Grunde genommen an deinem Gang erkennen. Irrsinn, was du machst, immer mit ’ner Knarre rumzulaufen. Ein Mann, der mit einer Knarre rumläuft, verlagert seinen Mittelpunkt zur Waffe hin. Da wo du sie trägst, da ist dein Mittelpunkt, und so bewegst du dich, damit du immer aus der Bewegung raus ziehen kannst. Ich kann heute bei jedem Menschen, der vorbeiläuft, sehen, ob er eine Knarre bei sich hat und wo er die hat.

Diese irrsinnige Anspannung den ganzen Tag über, das sind alles Sachen, die kommen fürchterlich zusammen am Schluß, wenn in den Gruppen keine Sensibilität mehr vorhanden ist. Dann bleibt nur noch rigides Weitermachen, der totale Leistungsdruck. Der wird immer schlimmer, bis dann an irgendeinem Punkt ein Typ zusammenbricht. Er macht nicht mehr mit, er kann nicht mehr. Brockmann war am Schluß schon grün im Gesicht. Er hat ununterbrochen Speed und Kaffee in sich reingekippt, um weiterzukommen. Reine Speedbündel, die es nur noch über Tabletten geschafft haben, weiter zu laufen, bevor sie irgendwo zusammenklappen oder völlig abheben und durchdrehen; überhaupt nicht mehr checken, was läuft und einfach schießend auf die Menschheit losrennen. Amok. Da gibt es nur noch diesen Ausweg zum Schluß. Das macht die Sache so heavy. Da liegt das Scheitern drin.

Zu anderen Leuten hast du nur noch Sachkontakte, Wenn du jemanden triffst, sagst du ja nur noch: »Alter hör mal zu. Du mußt mir jetzt die und die Sachen besorgen, da und da ’ne Wohnung mieten und in drei Tagen treffen wir uns wieder hier an der Ecke.« Wenn er irgendeine Kritik an dir hat, sagst du: »Das interessiert mich alles gar nicht. Entweder du machst mit oder läßt es bleiben.« Du wirst wie der Apparat, den du bekämpfst. Zum Schluß hat er dich eingeholt.

Es dauerte nicht lange, bis die meisten Linken sagten, die RAF sei keine politische Gruppe mehr, weil sie auch an keinem politischen Dialog mehr teilgenommen habe. Es wurde gesagt, sie seien nur noch Kriminelle, die Banken überfallen, in noblen Wohnungen wohnen und in teuren Autos rumfahren. Daraufhin hat die RAF ihre Bomben gelegt, um sich wieder als politische Gruppe zu legitimieren. Sie haben aus dieser Notlage diese irrsinnige Bombenkampagne gestartet, die einfach falsch war.

Sie haben genau den Fehler im Großen gemacht, den wir zwei Jahre vorher im Kleinen gemacht hatten. Nicht gegen eine gezielte Sache, sondern gegen Gott und die Welt haben sie plötzlich Bomben geschmissen: Polizei, Amis, Richter, Springer. Dabei sind ihnen natürlich große Fehler unterlaufen, zum Beispiel daß sie bei Springer Arbeiter in die Luft gejagt haben. Daraufhin ist der richtige Umschwung erst gekommen. Es kam der totale Abfall. Dann hat es echt angefangen, daß die Leute sie nicht mehr unterstützt haben. Das machte es auch für uns schwierig. Genossen haben uns erklärt: Jetzt nicht mehr; jetzt ist es aus. Sie haben uns auch offen mit der Polizei gedroht. Sie haben gesagt: Du kannst jetzt hier noch rausgehen. Aber wenn du stehen bleibst, rufen wir die Bullen an.

Das ist mir echt passiert. Der RAF selbst ist es noch schlimmer ergangen. Ihre Verratsgeschichten hatten sie vor allem ihren liberalen Sympathisanten zu verdanken. Ulrike Meinhof und die ganze RAF-Spitze wurde innerhalb einer Woche verraten, fast alle von ihren sogenannten Sympathisanten, mit denen sie nur einen Sachkontakt hatten. Besonders bezeichnend ist dieses Interview im Spiegel mit dem Druckereilehrling, der Irmgard Möller und Klaus Jünschke verraten hat. Der sagte, nur bei der Irmgard habe es ihm leid getan, weil die sich noch manchmal mit ihm getroffen und einfach nur mal einen Kaffee getrunken habe, also mit ihm einen normalen menschlichen Kontakt hatte.

So etwas ist nie abgecheckt worden: Dem Mann kannst du im Endeffekt keinen Vorwurf machen. So sind alle Sachen gelaufen. Das sind genau die Fehler, die auftauchten.

Die RAF hat gesagt, diese Revolution wird nicht über die politische Arbeit vorangetrieben, sondern durch Schlagzeilen, durch ihr Auftreten in der Presse, die immer wieder meldet: Hier kämpfen Guerilleros in Deutschland. Diese Überbewertung der Presse, da bricht sie eben verhängnisvoll durch. Nicht nur, daß die RAF auf der einen Seite total den Apparat imitierte und drauf einsteigt, es politisch eigentlich nur noch mit der Polizei zu tun hat, – auf der anderen Seite rechtfertigt sie sich nur noch über Medien. Sie vermittelte sich nur noch auf diese Weise. Sie schwimmt nur noch. Da ist keine Verwurzelung mehr, zu nichts mehr, nicht mal mehr zu den Leuten, mit denen sie noch Kontakt hatten. Das sind eigentlich die verhängnisvollen Breaks in der Geschichte – abgesehen von dem schlechten Klima untereinander.

Anmerkungen:

Der Text ist identisch mit dem 10.Kapitel des Buches "Wie alles anfing" von Bommi Baumann, erschienen zuerst 1975 im Trikont-Verlag. Diese Auszüge stammen aus dem Buch vom Rotbuch Verlag, 1991, ISBN 3880220611.
Die Razzia, die im Rauch-Haus stattfand, besingt Rio Reiser auch in dem Song "Rauch-Haus".