Die Geschichte der Berliner Mauer bei Thierry Noir

Foto: Heiko Burkhardt

Der Aufbau der Berliner Mauer begann in den ersten Stunden dieses Sonntags, 13 August 1961. Da es unmöglich ist, eine 160 Kilometer lange Mauer an einem Tag zu bauen, umzogen ostdeutsche Soldaten den westliche Teil der Stadt zuerst mit Stacheldraht. Während des Sommers dann, fingen sie an, diese Notsperre durch eine grobe Mauer zu ersetzen.

Fünf Jahre später war die Mauer schon 25 Kilometer lang und umringte West-Berlin mit 210 angebrachten Wachtürmen. Die Soldaten arbeiteten an der Mauer bis Anfang der Achtziger Jahre, um aus ihr eine perfekte Grenze zu machen, die über hundert Jahre dauern sollte. Es war eine Art System, das erlaubte, Fertigbetonabschnitte aneinander zu setzen, so etwa wie ein riesiges Legospiel.

Doch diese Perfektion der Mauer der vierte Generation brachte auch eine Art Wendung in die Stadt. Sie hatten den längsten Betonbildschirm der Welt gebaut. Zu gleicher Zeit wurde die Absurdität dieser vollkommenen Grenze durch die Graffiti, die sie schmückten, hervorgehoben.

In der Tat verhinderte, und zwar vom Anfang der Mauer bis ans Ende der siebziger Jahre, die minderwertige Qualität der Betonblöcke, dann jene der ersten Fertigbetonplatten, fast automatisch jede Malerarbeit.Die vereinzelten Graffiti waren riesige, mit weißer Farben geschriebene Sätze, die schlecht lesbar waren.

Am Anfang schrieben die Leute ihren Namen, dann kamen politische Schlagwörter, und dann erst die Malereien. An einigen historischen Schauplätzen -wie Potsdamerplatz, Checkpoint Charlie, Brandenburger Tor und in Kreuzberg- verwandelten diese Graffiti die Mauer in eine Touristik Sehenswürdigkeit (was eigentlich neu war, da vorher niemand die Mauer nur sehen wollte, geschweige denn Postkarten oder Souvenirs darüber zu kaufen).

Ab April 1984 bemalen Thierry Noir und Christophe Bouchet -und zwar so schnell sie nur können- diese mehr als drei Meter hohe Mauer von unten bis oben mit prallenden Farben. Noir und Bouchet, zwei Junge, seit zwei Jahren in der Nähe der Mauer lebende Franzosen, verspürten den Bedarf, irgend etwas gegen diese beängstigende Mauer zu tun. Eine Art körperliche Reaktion gegen den Druck des täglichen Lebens neben der Berliner Mauer.

Ihr Haus stand nur etwa fünf Meter weit von der Mauer. Dieses, am Mariannenplatz (Berlin-Kreuzberg) gelegene Haus, wurde am 4. Dezember 1971 zum erste Besetztes Haus. Es trägt den Namen "Georg von Rauch Haus", zum Andenken an diesen Demonstranten, der am diesem Tage, von der Polizei getötet wurde.

Nach harten Kämpfen anerkannte endlich, und gerichtlich, der Berliner Senat 1978 dieses Haus, um daraus ein Jugendzentrum zu schaffen, wo es möglich wäre zu wohnen, zu arbeiten, Musik zu machen, und auch zu malen. Da die Mauer etwa drei Meter hinter der offiziellen Grenze stand, hatten die ostdeutschen Soldaten das Recht, jeden sich zu nahe an die Mauer heranmachenden, zu verhaften.

Es mußte alles sehr schnell gehen -immer mit einem Auge malen, während das andere auf die Soldaten aufpaßte. Auch sollte man nie allein malen, oder nur dann in abgelegenen Stellen. Sowohl mußte man sich vor diese kleinen, in der Mauer angebrachte Betontüren hüten.

Es war strengstens verboten die Mauer zu bemalen. Es zu tun war gefährlich.

weiter