Die Geschichte des Jahres 1989 bei Thierry Noir.

Das Jahr 1989 fängt gut an...

Thierry Noir, der seit Januar 1982 in Berlin wohnt, hatte am Samstag, den 31. Dezember 1988, Besuch aus Lyon, Frankreich, bekommen. Laurent und sein Frau Gibus wollten das Jahreswechsel und seinen Exzessen in Berlin erleben. Thierry Noir, als gerade die Uhr auf Mitternacht steht, schreit:

Anno 1989! Das Jahr wird revolutionär!

1989 sollte das 200 Jahren Feier der Französische Revolution sein. Es war viel, viel, mehr.

Samstag, den 14. Januar 1989.

Erich Honecker meldet sich, nach der Kundgebung zum 70. Erinnerungstag der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Honecker sagt, daß die Mauer soll 50 und sogar bis 100 Jahre in Berlin stehen. Er ist ein Schock für alle Westberliner und wahrscheinlich für die Ostberliner auch. Die letzte Hoffnung, war für vielen Bürger der DDR gegangen.

Sonntag, den 15 Januar 1989.

800 Personen, nach eine verbotene Demo, in Leipzig verhaftet. Erinnerung an Jan Pallach, der vor 20 Jahre sich in Prag selbst anzündete. Mehrere Tausend Demonstranten in Prag errinen sich. Vaclav Havel ist verhaftet, weil er wollte Blumen auf dem Grab von Jan Palach liegen.

Montag, den 16 Januar 1989.

Charlotte Noir fängt an zu krabbeln.

Sonntag, den 22. Januar 1989.

Honecker sagt, daß die NVA der DDR sich verkleinert wird. 10000 weniger Soldaten und 600 weniger Panzer.

Montag, den 23. Januar 1989.

Salvador Dali ist tot. Er war 84 Jahre alt. Er war ein Signal Farbe in der grau Welt.

Sonntag, den 29. Januar 1989.

Wahl in Berlin. Die CDU verliert 10%. Die Republikaner erreichen 8.5%. Die Grünen erreichen 27.5% in Kreuzberg und 21% in Schöneberg. 5000 Leute vor Rathaus Schöneberg schreien: Nazi raus!

Montag, den 30. Januar 1989.

Walter Momper ist der neuer Bürgermeister von Westberlin. 15000 Personen demonstrieren gegen die Republikaner.

Sonntag, den 5. Februar 1989.

In 1988, 40000 DDR Bürger sind in die BRD umgesiedelt, dabei sind 9042 illegal durch die Grenze gegangen.

Donnerstag, den 9. Februar 1989

Man hört, daß ein Man aus der DDR ist an der Grenze zu Westberlin, in Treptow, erschossen worden. Man wird später wissen, daß es sich um Chris Geoffroy, handelt. Er war 20 Jahre alt. Sein Mutter darf nicht sagen oder schreiben in den Todesanzeige, daß er an der Grenze erschossen wurde.

Samstag, den 18. März 1989.

Charlotte Noir ist ein Jahr alt. Unbekannten haben am Potsdamerplatz die Mauer tapeziert.

Sonntag, den 7. Mai 1989.

Parlamentswahl wie ein Test für die Stimmung in der DDR. Zum ersten mal hatte das Fernsehen der DDR, sich Mühe gemacht ein westliche Wahlstudio, mit Computeratmosphäre zu rekonstruieren. Ein Mann und eine Frau als Moderator warten gespannt. Um 20.00 Uhr die ersten Ergebnisse. Es sind 99,5% für die National Front. Die zwei Moderator der DDR Fernsehen, sind für die Kameras, von der Resultat überrascht. Das ganze dreht sich sehr schnell aber wie eine riesige Maskerade. Später wird man wissen, daß es viel mehr Opposition gab, als an dem Tag gezählt wurde. Wahlbetrug. Die Stimmung in der DDR ist auf null runtergekommen. Zum ersten Mal spürt man, daß die Regierung der DDR nicht der 100% Kontrolle der Situation, wie früher, hat.

Mittwoch, den 17. Mai 1989.

Gorbatschow besucht Peking. In China, die Studenten äußern ihre Forderung. 2 Million Leute auf der Tien Am Men Platz. Es gibt Sitzblockaden. Alles scheint möglich.

Donnerstag, den 18. Mai 1989.

Vaclav Havel ist frei. Er war seit 4 Monate in Gefängnis, in Prag.

Samstag, den 27. Mai 1989.

Fernsehen Reportage über Schwerin (DDR). Es gibt doch Frauen die 9Stunden pro Tagen arbeiten und 1100 Mark der DDR verdienen.

Samstag, den 3. Juni 1989.

Thierry Noir hat Geburtstag. Es ist aber auch das Tien-An-Men Massaker in Peking, China. Das Fernseher der DDR, zeigt die Studenten als Chaoten, und dreht die Geschichte so geschmacklos um, daß wieder die Westberliner und auch wieder wahrscheinlich die Ostberliner, daß nichts wird sich in der DDR ändern.

Montag, den 12. Juni 1989.

Gorbatschow, besucht Bonn. Man spürt, daß etwas hat sich in der UdSSR geändert. Man sagt, daß der kalte Krieg ist zu Ende. Die Westberliner bekommen jetzt ihre Visum um die DDR zu besuchen, direkt an der Grenze.

Donnerstag, den 22. Juni 1989.

7 Personen in Peking hingerichtet. 30 Personen in Ostberlin, vor der chinesische Botschaft verhaftet. Rumänien installiert Stacheldraht entlang seine Grenze mit Ungarn.

Mittwoch, den 28. Juni 1989.

Die DDR Fernsehen zeigt ein sonder Reportage über das Tien Am Men Massaker. Die Studenten sind als Terroristen gezeigt. Unglaubliches Zynismus. Die Hoffnung, daß sich etwas in der DDR ändern ist nach Hintern verschoben.

Samstag, den 1. Juli 1989.

Unruhe in die Republiken der UdSSR. Gorbatschow versucht die Situation zu beruhigen. Dramatische Appel im Fernsehen. Andrej Gromiko stirbt. Er war jahrelang der Symbol der Ost-West Trennung.

Mittwoch, den 5. Juli 1989.

Gorbatschow besucht Frankreich. Privat Essen bei Mitterand.

Freitag, den 14. Juli 1989.

200 Jahre der Eroberung der Bastille in Paris. Große Berichte im Westfernseher darüber. Jean Paul Goude Big Parade auf der Straßen von Paris. Ein Million Personen sind begeistert.

Montag, den 17. Juli 1989.

Die Sommerferien in der DDR fangen an. Vielen Ostdeutschen gehen wie immer nach Sopron, Ungarn, in der Nähe der Grenze zur Österreich. Plötzlich die Regierung Ungarns erklärt, daß sie nicht mehr bereit die DDR Bürger die Ausreisen nach Österreich zu verhindern. Jeden Tag bis Mitte August die DDR Bürger lassen alles in Ungarn stehen, auch das Trabant, und gehen zu Fuß über den Feldern, nach Österreich.

Dienstag, den 18. Juli 1989.

Christophe Bouchet, mit seiner Diamantsäge schneidet 4 kleinen Mauerstücken. Er ist der erste Mauerspecht. Christophe klebt ein Dollarschein auf einer lange Stück Holz und versucht, über die Mauerkrone, diese Dollarschein, ein Vopo zu verschenken. Der Vopo verschwindet. Christophe wird dafür von Passanten und Nachbarn beschimpft. Er ist 4 Monaten zu früh.

Montag, den 7. August 1989.

Charlotte Noir macht 3 Schritte allein. Super!

Donnerstag, den 10. August 1989.

2500 DDR Bürger sind in dem Übersiedler Kamp in Gießen.

Samstag, den 19. August 1989.

Große Picknick an der Grenze zu Österreich. Danach 300 DDR Bürger verlassen Ungarn. Die meisten sind zwischen 18 und 30 Jahre alt. Es spricht sich schnell herum. Danach, jeden Tag, mehrere Hunderten Ostdeutsche gehen rüber nach Österreich. Es fängt das berühmte Schneeballeffekt an.

Sonntag, den 20. August 1989.

681 DDR Bürger, in der BRD Konsulat in Wien registriert. Wieder gab es heute ein "Paneuropeen Picknick."Sie haben alle ein Stück Stacheldraht von der Grenze mitgenommen.

Montag, den 21. August 1989.

21 Jahrestag der Einmarsch der Sowjetischen Panzern in Prag. Große Demo auf der Venceslas Platz in Prag.

Sonntag, den 3. September 1989.

Kaum aus der Urlaub zurück, Honecker ist wieder nicht im Amt. Er ist krank. Die Leipziger Messe sich eröffnet ohne ihm.

Montag, den 11. September 1989.

Ungarn steigt aus der Warschau Pakt aus. Täglich 1000 Leute gehen nach Österreich. Die CSSR Grenzsoldaten verhindern die DDR Bürger jede Reise nach Ungarn.

Montag, den 18. September 1989.

Eine Frau ertrinkt bei Versucht die Donau, zwischen die CSSR und Ungarn, zu durchqueren. Die Ausreisewilliger gehen dann, nach Prag in die BRD Botschaft. 500 Leute täglich kommen dazu.

Samstag, den 30. September 1989.

3500 Personen sind in der BRD Botschaft.

Montag, den 2. Oktober 1989

Die Montagsdemos in Leipzig fangen an. Sie sind erst 20000. Panik in Prag, um die BRD Botschaft herum. Die CSSR Polizei versucht mit Knüppeln die Leute von der Botschaftsnähe zu entfernen. Die Leute klettern die Botschaftszaun auf.

Dienstag, den 3. Oktober 1989.

Alle Leute, die in der Botschaft sind, können ausreisen. Der Außenminister Genscher auf dem Balkon der Botschaft kündigt die gute Nachricht an.

Samstag, den 7. Oktober 1989

Die DDR feiert sich selbst. 40 Jahre DDR. Gorbatschow ist in Ostberlin. Gorbatschow sagt: "Wer zu spät kommt, der bestraft das Leben."

Mittwoch, den 11. Oktober 1989

Polen will nicht mehr die DDR Bürger, die, über die polnische Grenze, z.B. nach Schweden, ausreisen wollen, verhaften.

Montag, den 16. Oktober 1989

Montagsdemo: 150 000 Personen in Leipzig.

Mittwoch, den 18. Oktober 1989.

Erich Honecker geht, er tritt zurück. Nur 10 Zeilen in Neues Deutschland. Egon Krenz nimmt sein Platz.

Montag, den 23. Oktober 1989.

Montagsdemo: 300 000 Personen in Leipzig. Sie sind gegen Egon Krenz und die Polizeistatt der DDR.

Montag, den 30. Oktober 1989.

Wieder 300 000 Personen in Leipzig schreien: Die Mauer muß weg.

Dienstag, den 31. Oktober 1989.

Karl Eduard Schnitzler hört auf. Sein Montag Sendung, der schwarze Kanal, war 30 Jahre alt.

Samstag, den 4. November 1989.

500 000 Personen in Ost Berlin. Volksfest am Alexanderplatz. Die DDR Bürger dürfen über der CSSR direkt nach Bayern ausreisen. Am Wochenende 23000 Personen verlassen die DDR.

Donnerstag, den 9. November 1989.

Um 19 Uhr, Pressekonferenz von Günter Schabowski, er sagt, daß bald jeder reisen wird. Thierry Noir fährt gegen 20 Uhr von Kreuzberg nach Charlottenburg um seine Bilder und Postkarten zu verkaufen. Er hält kurz am Checkpoint Charlie, vor der Kreuz von Peter Fechter. Er denkt nach warum jetzt man etwas machen darf, daß er nicht machen in 1962 dürfte. Thierry Noir, Isolde Josipovici und ihre Freund aus Grand Kanarien, Alberto, reden lang im Petit Hotel am Ku'damm 30, über die Situation in der DDR. Auf dem Weg zurück nach Kreuzberg, plötzlich gegen 23 Uhr 55 am Anhalter Bahnhof, gibt es eine riesige Stau. Thierry Noir fährt langsam weiter bis Checkpoint Charlie. Plötzlich...

Wahnsinn am Checkpoint Charlie. Tausend von Leute an der Grenze wollen raus. Tausend andere wollen rein. Thierry Noir bleibt dort, trotz Kälte, bis 4 Uhr morgens. Er trifft vielen Leute die er schon lange nicht mehr gesehen hat.

Freitag, den 10. November bis Sonntag, den 12. November 1989.

Ganz Ostberlin besucht West-Berlin. Der Ku'damm ist eine riesige Fußgegangzone geworden. Ein Million Besucher in 3 Tagen. Mehrere neuen Grenzübergänge sind schnell gemacht. Die DDR Soldaten nehmen einfach 3 oder 4 Mauersegmenten weg und schon eine Strasse ist geöffnet. Man sieht riesigen Schlangen vor jede Bank. Jeder DDR Besucher bekommt 100 DM.

Montag, den 13. November 1989.

Modrow ist der neuer ersten Minister der DDR.

Freitag, den 17. November 1989.

Erich Honecker und sein Frau Margot verlieren ihre Mandat als Abgeordneter der Volkskammer der DDR. Chaos in der U-Bahn und auf der Strassen in Berlin. Unmöglich Babywindeln zu kaufen. Die Drogerie sind überfüllt. Die Westberliner sind genervt. Man hört schon die Westberliner sagen: "Die Ostler kaufen alles weg. Alles was unter 100 DM kostet ist ausverkauft."

Dienstag, den 21. November 1989.

Thierry Noir geht zum ersten Mal nach Ostberlin, über Checkpoint Charlie. Ein Farben Großhändler, Daniel Boulanger aus Paris hat 2000 Büchsen von ein Liter Farben mitgebracht. Es gibt damit ein großes Malaktion auf der Mauer am Potsdamer Platz in Ostberlin. Crosby Still and Nash, spielen am Brandenburger Tor. Sie sind extra dafür aus dem USA gekommen.

Samstag, den 25. November 1989.

Thierry Noir fängt eine Paravent Phase an. Die 3 teiligen Paravents sind als tragbare Mauer gesehen.

Freitag, den 1. Dezember 1989.

Christophe Bouchet kommt aus Düsseldorf nach Berlin. Er geht sofort nach Ostberlin. Jeder möchte Postkarten mit Mauermalerei Motiven kaufen.

Mittwoch, den 6. Dezember 1989.

Egon Krenz tritt zurück.

Samstag, den 9. Dezember 1989.

Die Mauerspechte am Bethaniendamm, klopfen die Mauer ohne Ende. Manchmal Mitte in der Nacht. Auch wenn es regnet, die Leute klopfen mit einem Regenschirm in einer Hand. Unglaublich!

Freitag, den 22. Dezember 1989.

Das Brandenburger Tor ist für Fußgänger geöffnet. In Bukarest, Cauecescu ist zurückgetrett. Die Familie Noir ist zu Weihnachten, nach Oberursel, Taunus, gefahren.

Sonntag, den 31. Dezember 1989.

Thierry Noir kommt nach Berlin zurück. Um 20.00 Uhr am Bethaniendamm, er sieht Christophe Bouchet sitzend huckepack auf der Mauer. Er hat ein Glas Sekt an einer Hand. Überall klopfen die Mauerspecht. Mitternacht am Brandenburger Tor. Wahnsinn pur!

Riesige Löcher an der Mauer am Potsdamerplatz und hinter der Reichstag. Zum ersten Mal der Ku'damm ist am Sylvester leer. Die Neunziger Jahre werden spannend.

Thierry Noir