Thierry Noir

Ein Mauerkünstler und die "Ironie des Momentanen"

Ein französischer Graffitikünstler, der als Mauermaler bekannt wurde, entwarf und gestaltete die Dekoration und vor allem die Preise für die "SFB School Finals Berlin"; ein Künstler, dessen Kunstwerke so entstehen, wie Streetball gespielt wird: schnell und dynamisch.

Thierry Noir wurde 1958 im Lyon geboren. Im Januar 1982 kam er; inspiriert von der Musik von David Bowie, Lou Reed und Iggy Pop, "mit zwei Koffern" nach Berlin. Als einer der ersten Mauermatadore begann Noir im April 1984 gemeinsam mit dem Künstler Christophe Bouchet, Bilder und Graffitis auf die Berliner Mauer zu malen, um die "rauhe Blässe des antifaschistischen Schutzwalls zu verzieren".

Noir: Wir wollten dadurch auf ihre bedrückende Monumentalität und Absurdität aufmerksam machen." Die Mauerbemalungen machten ihn als Künstler bekannt. Seine "Mauerköpfe" gingen nach dem Fall der Mauer, durch die Arbeit der Souvenirjäger und "Mauerspechte", wortwörtlich um die ganze Welt.

Noir schafte seine wichtigsten Mauerwerke für den Wim Wenders Film "Der Himmel über Berlin". Neben den Arbeiten für die Gruppe U2, die seine Motive als Cover für ihr CD Single "The Fly" verwandte, folgten u.a. Arbeiten für ein Kinderbuch in Japan und die Bemalung eines Bechstein Konzert-Pianos.

Nicht nur auf der "größten Betonleinwand der Welt", entwickelte Thierry Noir einen eigenen Kunststil: Kunterbunte Köpfe im Profil, piktogrammartig auf das wesentliche reduziert, hervorstehende Nasen, schwellende Lippen, Kulleraugen, glatter Rundschädel in knalligen, flächenhaft aufgetragenen Farben.

Noirs Kunst ist ohne Vorbild. Frechheit, und ein Schuß Frivolität, gepaart mit bewußter Naivität, zeichnen sie aus. Die Bedingungen, unter denen Noir anfing zu malen, prägten seinen Stil.

Da war in erster Linie der Faktor Schnelligkeit. An der Mauer zu malen, war alles andere als ungefährlich. Thierry Noir beschreibt das so: "Mit einem Auge malte man, mit dem anderen mußte man ständig aufpassen."

Mittlerweile hat sich Noir weiterentwickelt - weniger Gefahr, mehr Zeit. Unter solcherart geänderten Bedingungen veränderte sich auch seine Arbeit. Er läßt seine Werke heute in Plastik schweißen: "Die dünne Haut verleiht den Werken eine eigene Aura".

Es ist die Poesie des Augenblicks, die Poetik der Sekunde und die Ironie des Momentanen, um die es Noir bei seinen Werken geht. Inspirieren läßt er sich von seinen Mitmenschen, die er auf der Straße oder in Restaurants belauscht, um die aufgeschnappten Gesprächsfetzen zu Untertitelungen zu machen.